Den Blick in den Garten, den Bauch vom Abendessen gut gefüllt und den nächsten Urlaub in Sicht – ja, so lässt sich ein Artikel doch gut angehen. Bevor wir in wenigen Tagen für eine Woche mehr oder weniger offline sind – dazu am Ende mehr – wollen wir uns noch einmal kurz sammeln und zusammenfassen: Wie ist es uns in der Zwischenzeit ergangen? Was beschäftigt uns? Und was haben wir von unserer Reise bislang mitgenommen?
Die Fakten sind schnell erzählt: Am Frankfurter Flughafen, also bei der Rückkehr aus Island, holt Lena mich ab und wir fahren auf direktem Weg in die nächste Unterkunft. In dem Fall nach Rengsdorf, einem kleinen Ort etwa 20 Kilometer nördlich von Koblenz, da wo Mosel und Rhein aufeinandertreffen. Eine schöne Gegend, auch zum Fahrradfahren, in die wir aber vor allem gekommen sind, um am folgenden Wochenende mit Lenas ehemaligen Arbeitskollegen durch das Ahrtal zu wandern. Vor zwei Jahren sind wir schon einmal hier gewesen, jetzt, ein Jahr nach der Flut, hat sich vieles verändert und die Auswirkungen der Katastrophe sind immer noch überall sichtbar. Viel ist dazu geschrieben worden, deshalb hier nur so viel: Wenn man sieht, wie hoch das Wasser gestanden hat – und dann auf das kleine Bächlein schaut, das sich durch das Tal schlängelt – es ist unvorstellbar, selbst wenn man direkt davorsteht.



Am Wochenende danach geht es schon weiter – also wieder alles einräumen. Inzwischen läuft das völlig routiniert ab. Spaßeshalber haben wir auf die Uhr geschaut: etwa eine halbe Stunde, um die Sachen zurück in die Kartons und Kisten zu packen, dann noch einmal eine halbe Stunde, um den Fabian (unser Auto) zu füllen und abfahrbereit zu machen. Das passt und wir sind ein bisschen stolz.
Unser nächstes Ziel ist Westerheim, wo ich auch aktuell sitze und den Sonnenuntergang hinterm Apfelbaum beobachte. Westerheim liegt gut 40 Kilometer von Stuttgart entfernt, ziemlich weit im Süden. Einen besonderen Grund, dass wir ausgerechnet hier sind, gibt es eigentlich nicht – lässt man unser nächstes Ziel einmal außer Acht. Uns hat einfach die Unterkunft gefallen: Knapp 40 Quadratmeter Grundfläche, was fast ein Tinyhouse sein könnte, wäre da nicht die zweite Etage, die die Wohnfläche nahezu verdoppelt. Und eine Erkenntnis mit sich bringt: Auch wenn ich dachte, ein wirkliches Tinyhouse absolut spannend zu finden – auf Dauer wären 40 Quadratmeter für mich vermutlich zu wenig. Vor allem, wenn man nicht die ganze Zeit draußen sein kann. Aber es müssen auch keine 170 Quadratmeter sein, wie in der Wohnung, die wir in Wuppertal hatten, das definitiv nicht.





Was sich ebenfalls geändert hat: Mittlerweile ist auch das Ankommen super entspannt. Anfangs hat es mich gestresst, in jeder neuen Unterkunft jeden Handgriff neu zu lernen. Wo sind die Steckdosen, wo ist das Besteck, wo finde ich Gewürze, wo ist Platz für Sport – solche Dinge halt. Inzwischen stört mich das gar nicht mehr. Eigentlich finde ich es sogar schön. Da man ständig auf neue Dinge stößt und sich neu mit seiner Umgebung auseinandersetzt, fühlt es sich immer ein bisschen wie Urlaub an. Selbst ein schnöder Einkauf im Supermarkt wird so zu einer kleinen Erkundungstour. In dieser Hinsicht keine Routinen zu haben, ist tatsächlich auch sehr reizvoll.
Was wir sonst noch gelernt haben, will ich kurz zusammenfassen. Erstens: Nur eine Woche an einem Ort zu bleiben, ist definitiv zu wenig. Denn durch das Weiterreisen fällt viel Zeit weg, die wir gerne nutzen würden, um die Gegend intensiver zu erkunden. Künftig – zumindest, solange wir in Deutschland sind und wo es möglich ist – wollen wir daher an jeder Station mindestens zwei Wochen bleiben. Zweitens: Wenn man, so wie wir aktuell, gar nicht mehr so viel hat, um das man sich neben der Arbeit kümmern braucht, bleibt auch im Kopf mehr Zeit für andere Dinge. Was bei mir dazu geführt hat, dass ich mich jetzt noch mehr mit ausgewogener Ernährung beschäftige und wieder mit dem Meditieren angefangen habe. Das ist eine unglaubliche Bereicherung. Drittens: Es ist so schön, sich inspirieren zu lassen, wenn man mit anderen Menschen ins Gespräch kommt. So wollen wir jetzt auf der Weltreise unbedingt mal einen Segeltörn machen – und Indien steht auch ganz hoch im Kurs. Doch bis dahin ist es – zum Glück – noch lange Zeit, deshalb bleiben wir in der Gegenwart.
Unsere Reise macht nach wie vor Spaß, ehrlich gesagt sogar mit jedem Tag ein bisschen mehr. Morgen (Samstag) geht es dann auch schon weiter, diesmal für eine Woche in die Schweiz, wo wir unseren Urlaub verbringen. Deswegen auch Westerheim, weil es von hier aus mit dem Auto nicht ganz so weit ist und unsere Route uns immer weiter nach Süden führt. Mit Blick auf das Wetter – es kündigt sich ein Tiefdruckgebiet an – haben wir mit uns gerungen, aber letztlich wollen wir unseren Plan nicht aufgeben: eine Woche mit Zelt und Rucksack als Selbstversorger auf dem Sardona-Welterbe-Weg wandern, knapp 100 Kilometer mit rund 6.500 Höhenmetern. Inzwischen haben wir so viel Zeit investiert, uns informiert, Karten studiert, Essen gebunkert und sogar ein Hotel gefunden, in dem wir unsere Kartons und Fahrräder während der kompletten Tour kostenlos unterstellen können (dafür jetzt schon einmal vielen Dank, ihr seid einfach nur großartig), dass wir uns von Regen und schlechtem Wetter nicht abhalten lassen wollen. Sonnenschein wäre schöner und vielleicht haben wir ja noch Glück, aber so oder so: es wird ein Abenteuer, auf das ich mich jetzt schon riesig freue. Und vor dem ich gehörig Respekt habe. Wir werden berichten, garantiert.
12. August 2022